Heute geht es um ein Thema, das zwangsläufig jedes Elternteil beschäftigt- vor Geburt, nach Geburt und immer wieder während des Wachstums des eigenen Sprößlings. Zugegeben, die unterschiedlichen zugelassenen Kindersitz-Normen, die Entscheidung für oder gegen einen Reboarder (rückwärtsgerichteten Kindersitz), aber auch die auf den ersten Blick “günstigste” 1/2/3 Kombilösung als “eierlegendende Wollmilchsau” machen die Suche nach einer perfekten Lösung nicht wirklich einfacher.
Verwunderlich ist daher nicht, dass man auch als vermeintlich “erfahrenes Elternteil” im Nachhinein oftmals schlauer ist und Fehlkäufe häufiger vorkommen, als man denkt. Vor allem, wenn man sich einzig und allein auf gut gemeinte Empfehlungen aus dem Freundeskreis oder Testberichte verlässt. Denn was oft zu wenig beachtet wird ist, dass beim Fahrzeug-Test von ADAC beispielsweise die “Sicherheit” neben anderen Kriterien wie “Bedienung, Ergonomie und Schadstoffanteil” nur zu 50% in das Testurteil mit einfließt. Auch die Tatsache, dass die für die Crashtests genutzten Kinder-Dummies meist nur annähernd reale Kinderkörper, geschweige denn das eigene Kind, repräsentieren, spricht wohl für eine individuelle Beratung!
Solange nichts passiert, kommen wir Eltern also mit einem mehr oder weniger schlechten Gewissen davon, wenn wir dann doch irgendwann über die “irgendwie schlechte Sitzposition” unseres Kindes im Autositz stolpern. Aber Fakt ist auch: Unfälle passieren, daher ist Aufklärung hier die beste Vorsorge.
In diesem Beitrag geht es daher um die häufigsten Fehler, die von uns Eltern aus Sicht von Experten gemacht werden, um Vorurteile, mit denen aufgeräumt werden soll und um die wichtigsten Kriterien für einen erfolgreichen Kindersitzkauf, um am Ende nicht “viel Geld für wenig Sicherheit” ausgegeben zu haben.
Im Interview mit dem Zwergperten-Team vom Rasselfisch aus Karlsruhe sind die wichtigsten Tipps zusammengefasst und erleichtern Euch hoffentlich die Qual der Wahl genauso wie uns.
Was sind die häufigsten Fehler, die Eltern machen?
Beim Kauf:
–Der Glaube, dass eine „berühmte“ Marke oder ein gutes Testergebnis automatisch
bedeuten, dass die Babyschale oder der Kindersitz zu meinem Kind passt und es
bestmöglich schützt.
–Der Glaube, dass eine vermeintlich günstige 3-in-1 Lösung von einigen Kinderwagen-
Herstellern ein attraktives Erstausstattung-Paket sein könnte. Bitte beachtet, dass diese Angebote oftmals nur so günstig sind, da minderwertige Materialien verarbeitet werden und gerade bei den Babyschalen nicht immer das höchste Sicherheits-Niveau im Fokus steht.
Beim Handling:
–Die Kinder, aus Angst ihnen weh zu tun, zu locker anzuschnallen. Bitte beachtet, dass dies bei einer korrekten Einstellung nicht möglich ist.
–Die Kinder, aus Angst sie könnten frieren, in wattierten Jacken oder Schneeanzügen in die Babyschale bzw. den Kindersitz zu setzen. Bitte beachtet, dass dadurch eine sehr gefährliche Gurtlose entstehen kann, da ihr mehr Luft, als euer Kind anschnallt.
–Die Schulterpolster aufgrund von Mütze, Schal, Lätzchen etc. auf dem Bauch und/oder außerhalb der Schulterlinie, anstatt nah am Hals, über dem Schlüsselbein zu führen.
–Die Gurthöhe nicht entsprechend dem Wachstum des Kindes anzupassen. Wir sehen immer wieder Kinder, die mit einer Gurteinstellung für Neugeborene unterwegs sind, nur weil die Eltern gar nichts über die Möglichkeit der Verstellung wussten.
Wir empfehlen ausdrücklich die Anleitung der Babyschale bzw. des Kindersitzes zu lesen. Nehmt diesen Hinweis bitte sehr ernst, da es schließlich um die Sicherheit eures Kindes geht.
Generell:
– Die wirklichen Gefahren lauern eher auf Kurzstrecken und bei geringeren Geschwindigkeiten, als auf der Autobahn, wo zwar die Geschwindigkeit höher ist, aber die Gefahr eines Frontal- Unfalls eher gering ausfällt. Bitte beachtet, dass fast 75% aller schweren oder tödlichen Unfälle von vorne kommen, und lediglich etwa 0,6% von hinten.
– Ein Bewusstsein für die anatomischen Grundkenntnisse fehlt oftmals: Wusstet ihr, dass der Kopf eines Babys/Kleinkindes im Verhältnis zum Körper ca. 15-20 % größer als bei Erwachsenen und somit relativ gesehen mehr Gewicht hat?
Wie sehen exemplarische falsche Liegepositionen/Sitzpositionen aus?
–Falsche Einstellung der Kopfstütze und der Schultergurte.
Unser Tipp: Die Gurte sollten auf Schulterhöhe aus dem Rückenteil des Sitzes kommen. Solltet ihr zwischen zwei Einstellungen wählen können, so empfehlen wir lieber tendenziell etwas tiefer, als zu hoch.
–Kinder, die im Sitz rechts & links noch sehr viel Platz haben.
Unser Tipp: Passgenau ist immer die optimale Variante. Dabei können euch Sitzverkleinerer oder die sogenannten Komforteinlagen helfen, die entsprechend dem Wachstums des Kindes eingesetzt werden können.
–Neugeborene bzw. Babys, die sich in eine Ebryonalstellung „einrunden“ und mit dem Kinn auf die Brust drücken.
Unser Tipp: Der Po sollte immer mittig in der Babyschale sein und hinten anliegen, sodass der Rücken gerade wird. Dies geschieht automatisch, wenn euer Baby richtig angeschnallt wird. Wir empfehlen euch auch hier unbedingt einen Termin.
Mit welchen Vorurteilen wolltet Ihr schon immer mal aufräumen?
Ach je – wo fange ich an? Kann ich dafür einen extra Beitrag bekommen??
Ich beschränke mich mal auf die vier wichtigsten:
“Der Kopf darf nicht über den Rand schauen!“ – nicht falsch, aber nicht entscheidend.
Viel wichtiger ist die jeweilige Zulassungsgrenze. Diese ist natürlich individuell nach Schale/Sitz, und immer auf dem Aufkleber auf der Unterseite zu finden. Dies ist ein wichtiger Hinweis, falls man gerade die Anleitung nicht zur Hand hat.
“Das Kind hat ja gar keinen Platz für die Beine!“
Wir Eltern können uns nur schwer wieder in die Zeit zurück versetzen, in der wir mal so biegsam waren, dass wir unseren großen Zeh in den Mund nehmen konnten… rein anatomisch wird durch die angehockte/gespreizte Haltung im Reboarder sogar der Oberschenkelhalskopf optimal seitlich in die Hüftpfanne gedrückt. Es ist daher nicht nur ergonomisch sondern die Kinder genießen es sogar total, ihre Beine dagegen drücken oder abstellen zu können.
“Das arme Kind sieht ja rückwärts gar nichts!“
Kinder, die vorwärts sitzen, haben direkt vor sich den Vordersitz und dessen Kopfstütze, sehen daher nur einen Teil des Seitenfensters und die Bilder ziehen schnell vorbei. Rückwärts sitzende Kinder können seitlich und hinten wie in einem Panorama rundherum raus schauen und wenn man an der Mittelkopfstütze einen Spiegel anbringt, sogar noch nach vorne und zu euch in den Rückspiegel blicken. Mehr geht nicht! Und die langsam wegziehenden Bilder lassen viel längere Beobachtung zu.
“Aber rückwärts wird den Kindern doch schlecht!”
Kindern, die unter Übelkeit leiden, sind eher von einer Reizüberflutung betroffen, als von echter Reiseübelkeit wie bei Erwachsenen. 99% der Kinder haben überhaupt kein Problem und für die wenigen, die das betrifft gibt es ein paar Tricks, die wir gerne in der individuellen Beratung anbieten.
Gebraucht kaufen – ein absolutes No-Go?
Korrekt. Von der besten Freundin, der Schwester oder sehr guten Bekannten, denen man wirklich vertraut, kann man einen Sitz übernehmen. Dies gilt aber nicht, wenn man den Sitz über die bekannten Verkaufs-Plattformen von Unbekannten erwirbt. Davon raten wir tatsächlich sehr ab. Warum? Man kennt die Sitzhistorie nicht, weiß nicht, ob ein Sturzschaden oder Unfall passiert ist und mit bloßem Auge kann man Haarrisse nicht erkennen.
Wichtig: Kindersitze müssen bereits ab einer Aufprallgeschwindigkeit von 10 km/h ausgetauscht werden – auch, wenn man ihnen überhaupt nichts ansieht.
Welches sind Kriterien, anhand derer man erkennt, dass die Babyschale bzw. der Kindersitz gut passt:
-Der Gurtverlauf am Kind muss stimmen und über knöcherne Strukturen verlaufen
-Das Gurtschloss sollte oben nicht in den Bauch drücken
-Wenn die Sitzfläche im Auto sehr steil ist, suchen wir nach einem Sitz mit einer besonders guten Ruheposition, der dies ausgleichen kann, so dass das Kind nicht zu steil sitzt.
Ihr beratet sehr individuell- was ist für Euch bei dem Beratungstermin vor Ort wichtig?
Wir möchten ein Maximum an Sicherheit – und zwar für die ganze Familie.
Gemeinsam schauen und prüfen wir, dass der Sitz …
• … zur Statur und Entwicklung des Kindes passt
• … im Fahrzeug zulässig ist (z.B. dürfen Stützfüße nicht einfach auf so genannte Staufächer, Bodenklappen mit Hohlraum darunter stehen)
• … die diversen jeweiligen Vorgaben der Autohersteller einhält.
Außerdem zeigen wir, wie korrektes Anschnallen geht und wie man eine Gurtlose erkennt und beseitigt. Des Weiteren prüfen wir bei der Beratung, ob auch die Eltern noch vernünftig auf dem Sitz vor den Kindern sitzen können. Darüber hinaus geben wir auch gerne Tipps von Eltern für Eltern für mehr Zufriedenheit der Kinder im Auto.
Das beste kommt zum Schluss: Die ultimativen Tipps für und VOR dem Kauf?
Kennt ihr unsere Babyschalen-Leihaktion? Da es sich nur sehr schwer genau vorhersagen lässt, welche Proportionen euer Familienzuwachs haben wird, könnt ihr bei uns für den Weg vom Krankenhaus nach Hause eine Babyschale leihen. Sollte sie gut zu euch passen, dann könnt ihr sie dann nach einigen Erholungstagen nach der Geburt bei uns kaufen. Vielleicht merkt ihr aber, dass euer Baby doch noch nicht optimal drin liegt. Dann kommt ihr vorbei und wir schauen noch einmal gemeinsam nach der bestmöglichen und sichersten Variante für euer Baby. So seid ihr vor Fehlkäufen geschützt.
Und Tipp 2: Wir empfehlen unbedingt auch bei größeren Kindern einen Termin zum Probesitzen bei uns zu vereinbaren. Eine Kombination aus eurem Kind und eurem Auto macht es uns möglich, für euch DIE sicherste, individuelle Lösung für euch zu finden.
Liebe Marion, vielen Dank für die hilfreichen Hinweise, Tipps und Deine Offenheit….
Alle weiteren Informationen zu den Zwergperten und zu möglichen Beratungsterminen auch während des Lockdowns (via Whatsapp, Videocall und Mobil) gibt es außerdem auch hier. Bei Fragen, Anmerkungen und anderem Feedback freue ich mich wie immer auf Eure Nachrichten und Kommentare.